Anreiz Firmenwagen – Früher Top heute Flop?

von Sebastian Bluhm

Der Firmenwagen war über Jahrzehnte das unumstrittene Statussymbol im Anreizsystem der Arbeitswelt, fast schon kitschig passend zur Automobilrepublik Deutschland. In der guten alten Zeit (die ich bis 2015 sehe) war dieses Instrument die Krönung der Karriere (natürlich noch abhängig dann vom Modell) und die in Blech geformte Darstellung des eigenen Arbeitserfolges. Genau zu diesem Schluss kamen damals auch führende Medien und Umfragen über Arbeitnehmermotivation (siehe exemplarisch WiWo und FAZ).

Genau an diesem Beispiel lässt sich aber auch ganz plastisch ein Wandel ablesen, mit dem ich mich heute einmal beschäftigen möchte. Mir geht es um eine andere Perspektive, auch um mögliche negative Eindrücke des „Incentives“ Firmenwagen aufzuzeigen.

„Das Thema Firmenwagen zeigt exemplarisch sehr gut, wie sich gesellschaftliche Bewertung wandeln kann.“

Sebastian Bluhm

1. Mehrwert: Firmenwagen, Homeoffice und Corona

Im klassischen Vertrieb bzw. Außendienst ist die Nutzung von Firmenwagen für die Mitarbeiter der Kern der Tätigkeit, um vor Ort bei Kunden, Lieferanten und Partnern arbeiten zu können. Dieses Einsatzgebiet möchte ich von meinen Überlegungen auch ausnehmen, obwohl die Coronakrise gezeigt hat, dass gerade Außendienst und Reisetätigkeiten nahezu zum Erliegen gekommen sind. Auch dieser Bereich wird sich wandeln und digitaler werden, um robuster auf Krisen und die kommenden Herausforderungen reagieren zu können.

Die Coronakrise hat viele Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft beschleunigt. Binnen weniger Tage wurden viele Arbeitsplätze ins Homeoffice ausgelagert, die Reisetätigkeiten lagen brach. In diesem Umfeld zeigte sich auch, dass Mitarbeiter grundsätzlich weniger das Auto genutzt haben, alle Fahrten zur Arbeit fielen weg. Die meisten Experten gehen von einem dauerhaften Anstieg von Homeofficearbeitsplätzen aus, Deutschland war vor Corona hier nur EU-Mittelmaß. Wenn eine höhere Anzahl Arbeitnehmer nicht mehr zum Büro regelmäßig pendeln muss, ist der Anreiz eines Firmenwagens schon sehr gering. Die früheren Argumente für einen Firmenwagen schwinden in diesem Augenblick, die Abzüge auf der Lohnabrechnung bleiben jedoch.

2. Auch eine Frage der Generationen

Ich selbst gehöre (knapp) der Generation X an (1965-1979), die Generationen Y (1980-1993) und Generation Z (ab 1994) übernehmen zusehends wichtige Funktionen in den Firmen dieser Republik.

In diesem Zuge wird auch ein klarer Wertewandel sichtbar. Die Generation Z hat andere Prioritäten für die Lebensgestaltung und auch die Arbeitswelt. Statt Karriereaussichten und Firmenwagen, zählen in dieser Generation der „Digital Natives“ mehr Familie, Sinn der Arbeit, Beitrag für das Gemeinwohl und z.B. Sabbatical als Faktoren für einen attraktiven Arbeitsplatz bzw. Arbeitgeber. Diese junge und moderne Generation hat bereits für viele Veränderungen gesorgt und auch die Bewertung von anderen Generationen beeinflusst.

In diesem Wertekanon kann ein Firmenwagen einen negativen Eindruck auf einen (potentiellen) Mitarbeiter ausüben. Unabhängig von der Generationenfrage gibt es zusätzlich eine Tendenz zum Wandel des Besitzdenkens. Nicht erst mit dem Siegeszug von Netflix ist das Mieten von Dienstleistungen im monatlichen Abomodell beliebt geworden. Wo früher immer gekauft und besessen werden musste, möchte viele Personen und Firmen heute nur Mieten und für die Nutzung zahlen. Dazu passt ein Firmenwagen im herkömmlichen Sinn nicht (siehe auch Punkt 4).

3. Image: Was der Firmenwagen als Anreiz aussagt

Wie auch im Privatleben, sagt ein Firmenwagen immer auch viel über den Fahrer und natürlich das Unternehmen aus. Die Zurschaustellung von Status und Potenz, aber auch die Rangordnung innerhalb einer Organisation kann oft über die Firmenwagenflotte abgelesen werden werden. Gerade in größeren Organisationen wird aus der Gestaltung der Firmenwagenpolitik fast eine Wissenschaft gemacht, um die indirekten Wirkungen von Firmenwagen halbwegs kontrollieren zu können. In früheren Zeiten fanden diese Überlegungen fast ausschließlich im Inneren des Unternehmen statt, ohne großes Betrachten von möglichen Außenwirkungen.

Spätestens mit der globalen Debatte zum Klimawandel, gab es auch ein Umdenken in der Wertung von Automobilen. Das Thema Umweltschutz wurde sehr präsent und wird mehrheitlich als positiv aufgenommen. Zusätzlich wandeln sich (siehe Punkt 2.) auch die Bewertungen und Prioritäten der Generationen in Bezug auf den Besitz von Autos.

„Mobilität ist notwendig, Autobesitz nicht.“

Zitat analog Bill Gates

4. Wandel der Mobilität

Bill Gates hat in einem Zitat einmal gesagt: „Banking ist notwendig, Banken nicht.“ Diese historische Prophezeiung hat sich in der Finanzwelt von heute als sehr präzise und richtig heraus gestellt.

Transferiert man diese Idee auf Automobile und Mobilität, wäre die These „Mobilität ist notwendig, Autobesitz nicht“. Aktuell kämpfen die Automobilbauer mit dem Wandel zur Elektromobilität. Das eigentliche Geschäftsmodell hat sich indes kaum gewandelt. Ich spreche hier noch nicht einmal von der zukünftigen gigantischen Herausforderung (Next Big Thing) der Automobilbranche in Bezug auf autonomes Fahren und dem Anbieten von Mobility-as-a-Service.

Die Generation Z hat kein Interesse am Besitz von Automobilen, die Parkplatzsituation in den Innenstädten ist seit Jahren eine Katastrophe. 

Es findet bereits ein Umdenken statt, losgelöst vom Transportmittel auf Mobilität für Mitarbeiter zu setzen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von ÖPNV Tickets, Carsharing, Poolwagen oder Dienstfahrräder (Scooter, Roller). Arbeitgeber sollten attraktive Angebote für die Mobilität der Mitarbeiter anbieten.

Tipp: Überprüfen Sie regelmäßig alle Anreize und Nebenleistungen aus verschiedenen Perspektiven!

Fazit

Zusammenfassend kann der Firmenwagen auch so interpretiert werden:

  • Geringes Umweltbewusstsein
  • Statusdenken
  • Besitzdenken
  • Veraltete Organisation
  • Unflexible Mobilitätslösung

Nebenleistungen (Anreize, Benefits oder Jobfeatures) sind weiterhin enorm wichtig für die Arbeitgeberattraktivität. Es zeigt sich jedoch auch ganz klar ein Wandel in der Wahrnehmung des Firmenwagens, auf den Arbeitgeber aktiv eingehen sollten. Nur mit einer Weiterentwicklung dieser Nebenleistung bleibt es ein aktives und positives Instrument in der Wahrnehmung von (potenziellen) Mitarbeitern.





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